Sei ein Mann. Werde Erzieher.

In unserer Gesellschaft wird frühkindliche Pädagogik fast ausschließlich als Aufgabe von Frauen angesehen. Für Männer ist es nicht leicht, sich für einen der schönsten und wichtigsten Berufe zu entscheiden.


Allein unter Frauen.

Nur knapp vier Prozent des Personals in Kindertagesstätten sind Männer. Im Erzieherberuf sind es sogar noch weniger:
2,5 Prozent. Bundesweit sind das 7.500 Erzieher – gegenüber 289.000 Erzieherinnen. Und das bei 1.643.258 Jungen, die eine Kita besuchen. Das heißt: Auf einen männlichen Erzieher kommen 219 Jungen. Ganz schön viel für den einen Mann. Aber im Ernst: Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen können nicht mehr länger nur die Aufgabe von Frauen sein.
Wie gut das gelingt, hängt jedoch nicht vom Geschlecht der Erzieherin oder des Erziehers ab, sondern von der Qualifikation.

In unserer Gesellschaft gibt es sehr eingeschränkte Vorstellungen von der Rolle des Mannes. Männer, die in einem typischen Frauenberuf arbeiten, befürchten, nicht mehr als „richtiger Mann“ angesehen zu werden. Während Frauen eher Anerkennung und Bewunderung erfahren, wenn sie so genannte Männerberufe ergreifen, werden Männer eher belächelt und als unmännlich angesehen, wenn sie in einem Beruf arbeiten, der als typischer Frauenberuf gilt – wie Krankenpfleger oder Erzieher. Auch die Vorstellung, als Mann alleine unter Frauen zu arbeiten, schreckt viele zunächst ab. Wenn Kinder in der Tagesstätte die Vielfalt der Welt kennenlernen sollen, gehören dazu nicht nur verschiedene Kulturen, Sprachen und Generationen, anregungsreiche Materialien und Spielgelegenheiten, sondern auch Frauen und Männer. Eine Welt ohne Männer ist nur die halbe Welt.

Gib Gas. In einem Job, der Dir alles abverlangt.

Kinder auf der Suche nach ihrer eigenen Persönlichkeit müssen auch erleben können, was Geschlechterrollen sind und wie Erwachsene damit umgehen. Sie nehmen sich als Junge oder Mädchen wahr, können die Bedeutung ihres Geschlechts aber noch nicht verstehen. Für die Entwicklung der Persönlichkeit als Junge oder Mädchen ist das Vorbild beider Geschlechter wichtig.

Vor allem aber: Die Aufgaben einer Erzieherin und eines Erziehers sind Bildung, Erziehung und Betreuung – und zwar in umfassendem Sinn. Kinder sind neugierig, quirlig, immer auf der Suche nach Herausforderungen und Orientierung. Kinder brauchen Erzieherinnen und Erzieher, die ihnen geduldig zuhören, ihre Sorgen teilen, die für sie da sind. Kinder sind auf dem Weg ihres Lernens. Und ganz schön laut.

Zeig, was Du drauf hast.

Der Beruf der Erzieherin wird über Generationen hinweg durch das weibliche Image der Fürsorge geprägt. Deshalb sei das, so denken viele, nichts für Männer. Zweifellos gehört es zum Beruf, für Kinder Sorge zu tragen. Sind Männer im Umgang mit Kindern etwa sorglos? Können sie nicht für andere da sein? Männer können fürsorglich und einfühlsam sein.

Männer können neue Kompetenzen und Ideen in die Einrichtungen bringen. Es wäre allerdings ein Missverständnis, wenn man dem Erzieher die typisch männlichen Aufgaben überträgt und die Erzieherin sich weiter um die „Soft Skills“ kümmert. Dann hätte man wieder die typischen Rollenklischees.

Die Arbeit in einer Kindertagesstätte umfasst nicht nur pädagogische Tätigkeiten mit den Kindern. Sie ist äußerst vielfältig und alles andere als langweilig. Konzepte diskutieren und schreiben, Eltern beraten, die Kita in der Öffentlichkeit vertreten, Sponsoren finden, mit Ärzten, Psychologen, Therapeuten zusammenarbeiten, Kontakt zu Ämtern herstellen, den Übergang in die Schule vorbereiten. Erzieherinnen und Erzieher müssen sich immer auf neue Situationen einstellen. Routine gibt es nicht.

Ohne Moos nix los.

Dass sich zu wenige Männer für den Beruf entscheiden, hat auch mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Die Verdienstmöglichkeiten sind nicht üppig. Das Einstiegsgehalt liegt bei knapp 2.100 Euro brutto. Nach einem Jahr steigt man in die nächste Stufe auf und bekommt 200 Euro mehr. Nach vier weiteren Aufstiegen erreicht man das Endgehalt mit derzeit ca. 2.800 Euro. Die Möglichkeiten einer beruflichen Karriere bestehen im Wesentlichen darin, die Leitung einer Kita zu übernehmen. Für die nächsten Jahre kann man aber mit Gewissheit sagen, dass der Beruf sicher ist.

Der Fortschritt ist männlich.

In anderen europäischen Ländern gilt als Standard, dass 20 Prozent der Beschäftigten in Kindertagesstätten Männer sein sollen. Wenn unsere Einrichtungen dieses Ziel erreichen wollen, hieße dies, rund 50.000 Männer als Erzieher einzustellen. Zum 1. Januar 2011 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das Modellprogramm „Mehr Männer in Kitas“ gestartet. Das ist ein wichtiges Signal: Die Politik will mehr Männer für den Beruf begeistern. Jetzt sind die Arbeitgeber am Zug, auf Männer zuzugehen und ihnen attraktive Angebote zu machen.

Weitere Infos:

www.koordination-maennerinkitas.de

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